Eine Reise nicht weniger als ungefähr 7.000km war es dem äußerst sympathischen Ehepaar Jenny und Bob Israel wert, auf den Spuren ihrer Vorfahren in Grevenbroich Halt zu machen und die Projektgruppe „KKG – Gegen das Vergessen“ zu treffen.
Entsprechend motiviert und engagiert gingen die ProjektschülerInnen an die Vorbereitung dieses weiteren Meilensteins der Projektgeschichte heran: Alle Ausführungen für den Besuch der Holocaustnachfahren der 2. Generation, den erneut Ulrich Herlitz vom Geschichtsverein ermöglicht hatte, mussten ins Englische übersetzt und später hörenswert vorgetragen werden.
Kein „Business as usual“, obwohl dieses Jahr bereits Familie Cohen (ebenfalls aus den USA) und Familie Noble (aus England) zwecks Austauschs mit den ProjektschülerInnen zu Gast an der KKG gewesen waren.
Zu der intensiven Vorbereitung kam erneut der glückliche Umstand hinzu, dass „Nativespeaker“ Jaydon Moog (Team 9.2) sich für das Gelingen der Veranstaltung zur Verfügung stellte.
Vielen Dank an dieser Stelle!
Im Digitalen Cafe, bekannt als „Digi-Cafe“, begrüßte Abteilungsleiterin Demet Köse-Ünal im Namen der Schulleitung die gerührten Ehrengäste aufs Herzlichste. Hiernach führten die SchülerInnen aus, was sie mit Bob Israels Vorfahren verbindet. Im regen Austausch, teilweise erheiternd, teilweise nachdenklich, wurde u. a. das „Liesel Katz Projekt“ vorgestellt, über das Gedenken in Auschwitz und auf dem Friedhof gesprochen sowie natürlich auch über die Besuche der lieben Verwandten der Israels, die nur einige Wochen zuvor stattgefunden hatten.
Zur Freude von Jenny und Bob wurde den Gästen aus Übersee eine Mappe zur geleisteten Projektarbeit überreicht, in der auch ein Skript sämtlicher Texte auf Englisch zu finden war. Somit können interessierte Verwandte in den USA ebenfalls informiert werden; bspw. darüber, dass in Deutschland von engagierten jungen Menschen ein beachtliche Erinnerungskultur betrieben wird. Entsprechend äußerten sich auch die ProjektschülerInnen Jill Bony und Jethro Amegnaho: „Wir freuen uns sehr, dass Ihr bei uns seid. Es war bestimmt nicht leicht, ins Land zu reisen, in dem euren Vorfahren übelstes Leid angetan wurde. Daher ist es uns ein Bedürfnis, euch zu zeigen, dass es in Deutschland viele nette Menschen gibt, die sich kritisch mit der abscheulichen Vergangenheit auseinandersetzen.“
Die von diesen Worten ergriffenen Israels, die übrigens erst am Vortag ankamen, um am Folgetag, dem Tag des Treffens, wieder weiter „auf den Spuren ihrer deutschen Vorfahren“ zu reisen, bedankten sich herzlich für den warmen Empfang in der Schule. Ein Gruppenbild vor der Abteilung II besiegelte den ersten Teil des ergreifenden Aufeinandertreffens.
Wegen des begrenzten Zeitlimits ging es daraufhin zügig zum jüdischen Friedhof, dessen Patenschaft die Projektgruppe seit über zehn Jahre innehat.
Sichtlich bewegt und hoch konzentriert nahmen die Ehrengäste am Grab ihrer Vorfahren die Ausführungen zur katzschen Familiengeschichte wahr. Die Ausführungen handelten von Ausgrenzung, Vertreibung und den Morden an alteingesessenen friedlichen Grevenbroicher BürgerInnen – nur wegen ihres jüdischen Glaubens. Die Gedenktafel am Familiengrab, die nach dem 2. Weltkrieg von den wenigen holocaustüberlebenden Familienmitgliedern gestiftet wurde, bezeugt das furchtbare und widerliche Schicksal der Familie Katz.
Nach den traurigen Ausführungen wurde eine Gedenkminute für die Holocaustopfer der Familie Katz eingelegt. Völlige Stille… bis dann Linda Fegers mit ihrer Geige hervortrat, um diesen einmaligen Moment mit einem perfekt vorgetragenen „Shalom chaverim“ noch musikalisch festzuhalten bzw. zu intensivieren.
Nun brachen alle Dämme. Mit ein wenig Mühe konnte man sogar alte Menschen an den Fenstern des an den Friedhof grenzenden Altenheims erkennen, die durch die Scheiben zu erahnen vermochten, was gerade vor ihren Augen auf dem Friedhof geschah:
Ein Haufen ehrenwerter SchülerInnen, die sich tagelang auf das Zusammentreffen mit den Nachfahren der Holocaustopfer Grevenbroichs aus den USA vorbereitet hatten, zeigten Courage und setzten ein bewundernswertes Zeichen für Frieden und Versöhnung – gegen den Zeitgeist aus wachsender Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Hass.
Für die SchülerInnen spielte in diesem Moment keine Rolle, welchen Glauben die Menschen haben, wie sie aussehen oder wo sie herkommen. Es zählte nur eines: Menschlichkeit. In Zeiten wie diesen kein Selbstverständnis.
Jenny und Bob erkannten das und bezeichneten die Schülerinnen als „wahre Helden“. Zutiefst berührt sprach Bob seinen herzlichen Dank aus. Er sagte mit ergriffener Stimme zudem, dass er in den USA von diesem beeindruckenden Erlebnis auf dem Grevenbroicher Friedhof berichten werde – immer und immer wieder.
Diese Wertschätzung der Israels – gepaart mit der Hoffnung auf Nachhaltigkeit dieses Treffens – bewegte die ProjektschülerInnen, die Projektleiter Reinhold Stieber und Thomas Jentjens sowie den Geschichtsvereinsvorsitzenden Ulrich Herlitz ebenfalls sichtlich.
Im Namen aller Anwesenden versicherte Nela Steffens noch, dass sich die Projektgruppe „KKG – Gegen das Vergessen“ mit ihren jeweiligen KooperationspartnerInnen stets dafür einsetzen werde, dass das Gedenken an Familie Katz und die anderen Grevenbroicher Holocaustopfer auch zukünftig würdig erhalten bleiben wird.
Es empfiehlt sich noch die Lektüre des folgenden NGZ-Artikels „Nachfahre von Holocaust – Opfern tief bewegt“, der ebenfalls vom intensiven Besuch der Israels in Grevenbroich berichtet:
ZEITUNGSARTIKEL
Am Ende sollen noch die ProjektschülerInnen zu Wort kommen! Was ist ihre Meinung zum bewegenden Treffen mit Jenny und Bob?
„Mir ist wichtig, dass Bob und Jenny wissen, dass ihre Verwandten hier bei uns sicher sind sowie in Frieden und Würde ruhen können“, lässt Maike Brakhan verlauten. Zudem ist es für sie und die Projektgruppe eine große Ehre, dass Jenny und Bob extra aus den USA nach Grevenbroich gekommen sind. Projektschülerin Mia Paulsen hat besonders gut gefallen, „dass es so mitfühlend und emotional war“. „Mir hat besonders gut gefallen zu sehen, wie glücklich Bob und Jenny über unser Engagement sind“, ergänzt Lena Oesterwind. Jethro Amegnaho fand es beispielhaft, dass sich die gesamte Projektgruppe aktiv in die Veranstaltung eingebracht hat. Theó Braune-Sellier hält fest: „Für mich war die Veranstaltung wichtig, um Bob und Jenny zu zeigen, dass sich viele Menschen in Deutschland gebessert haben und wir aktiv Zeichen gegen Rassismus und Fremdenhass setzen konnten.“ Lena betont abschließend: „Mir war es ein Anliegen, das Bob und Jenny wissen, dass es uns leidtut, was ihren Vorfahren geschehen ist und dass sie wissen, dass wir uns dafür einsetzen, dass so etwas Furchtbares hier – und egal wo – nie wieder passiert.“
Herzlichen Dank an alle Beteiligten – besonders an Frau Bindewald, für das Fotografieren und Filmen.
JEN